Viele neue Techniken und zunehmende Automation erleichtern den Arbeitsalltag. Belastungen und Krankheiten nehmen aber stetig zu. Daher steigen die Prämien der Krankentaggeld-Versicherung. Wie kann dieser Spirale mit einem Gesundheitsmanagement entgegengewirkt werden?
Die Prämien der Krankentaggeld-Versicherungen sind als Folge der zunehmenden Krankheitsfälle im letzten Jahr teils massiv gestiegen. Auffallend viele neue Langzeitfälle wurden registriert. Besonders betroffen sind vor allem Institutionen aus dem Gesundheitsbereich (Altersheime, Alterszentren, Kliniken, usw.). Die Versicherer reagierten auf die negative Entwicklung teilweise mit exorbitanten Prämienerhöhungen. Viele Unternehmungen stellen sich zu Recht die Frage, wie diese Negativspirale gebremst werden kann und ob sie sich unter diesen Voraussetzungen eine Krankentaggeld-Versicherung überhaupt noch leisten können. Eine wichtige Rolle in diesen Überlegungen spielt das betriebliche Gesundheitsmanagement («BGM»). Das BGM ist eine erfolgreiche Unternehmensstrategie, welche die Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmotivation aller Mitarbeitenden und Führungskräfe in gleichem Masse fördert. Es hilft , die hohe Anzahl an Krankheitsausfällen zu reduzieren und die Gesundheit aller Mitarbeitenden zu fördern.
Die Massnahmen des BGM konzentrieren sich auf den Arbeitsschutz, die Verringerung von Stress, gesundheitliche Prophylaxe, Suchtprävention, exible Arbeitszeitmodelle, Rückkehrgespräche, Vermeidung von Burnouts und auf das Absenzenmanagement. Weiter sind Angebote zur ausgewogenen Ernährung, etwa in betriebseigenen Kantinen, sowie betrieblich geförderte Sportangebote zur Vorbeugung gegen Bewegungsmangel ein Bestandteil des BGM. Die Versicherer unterstützen den Prozess mit Angeboten in den Bereichen Case- und Care-Management, wobei Letzteres meistens kostenpflichtig ist.
Ohne Absenzen würde es kein BGM geben. Wenn Mitarbeitende krankheitsbedingt fehlen, sind die Kolleginnen und Kollegen zu ungeplantem Mehraufwand gezwungen. Die Vorgesetzten haben einen zusätzlichen Koordinationsaufwand zu bewältigen und müssen mit Rückständen in der Aufgabenerledigung zurechtkommen. Das Management sieht sich mit Produktivitätsausfällen und daraus resultierenden Kosten konfrontiert. Die Kunden sind verärgert, weil ihre Ansprechpartner/innen im Unternehmen nicht erreichbar sind.
Worin liegen die Ursachen für Absenzen?
Neben krankheitsbedingten Ursachen spielen auch persönliche Merkmale wie Familienstand oder Alter, arbeitsbezogene Merkmale wie Art der Arbeit, Einflüsse der Arbeitszeitbedingungen, Gruppenkohäsion und Gruppenklima, Qualifikationsmerkmale von Mitarbeitenden und Verhaltensweisen von Vorgesetzten eine Rolle. Dabei lassen sich krankheitsbedingte und motivationale Gründe für Fehlzeiten nicht
immer streng voneinander trennen. Dies kann mit folgenden Gründen zusammenhängen:
- Krankheit und Gesundheit sind keine durchgängig dichotomen Merkmale, d.h.man ist oft nicht entweder krank oder gesund. Moderne Gesundheitskonzepte beschreiben, dass sich Krankheit und Gesundheit untereinander nicht ausschliessen, demzufolge gleichzeitig auftreten können.
- Bei der Entscheidung, krankheitsbedingt zu Hause zu bleiben, spielen nicht nur medizinisch diagnostizierbare Aspekte eine Rolle; ebenso wichtig sind oft die subjektive Beurteilung der Gesundheit und die Einschätzung, ob man den Anforderungen der Arbeitstätigkeit gerecht werden kann, sowie die Lebens- und Umweltbedingungen einer Person. Eine strikte Trennung zwischen krankheitsbedingten und motivationalen Gründen kann in manchen Fällen nicht ohne Weiteres vorgenommen werden.
- In diesem Zusammenhang spielen Merkmale der Tätigkeit und der Arbeitsbedingungen eine herausragende Rolle. Wer z.B. bei der Arbeit chronischem Zeitdruck ausgesetzt ist, Konflikte mit Vorgesetzten aushalten muss oder wenig Anerkennung für seine Arbeit erhält, entscheidet sich eventuell schneller dafür, zu Hause zu bleiben als eine Person, die eine interessante Tätigkeit ausüben darf und das soziale Klima in der Firma positiv erlebt.
Damit wird deutlich, dass die Bestimmung und Senkung «vermeidbarer» Krankenstände und Absenzen eine schwierige Aufgabe darstellt (Quelle: Ulich/Wülser: Gesundheitsmanagement in Unternehmen, 2004, S. 146–147).
Nichtsdestotrotz sollte in den Köpfen jedes Einzelnen je länger desto mehr ein Umdenken statt finden. Mittels einer ausgewogenen Work-Life-Balance-Strategie werden verschiedene Lebensbereiche (Beruf, Familie, Freizeit, soziales Engagement) im Gleichgewicht gehalten. Diese sollen sich gegenseitig nicht behindern, sondern sich vielmehr ergänzen.